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Heiko Uecker über Pedro Carmona-Alvarez

»Man hält immer wieder inne und freut sich über geglückte Formulierungen …«
Dr. Heiko Uecker (Prof. für Nordische Philologie an der Universität Bonn) in der Zeitschrift der Deutsch-Norwegischen Gesellschaft, dialog, Heft 44 (Juni 2014), über den Roman »Später, in der Zukunft, die kommen wird« von Pedro Carmona-Alvarez:

Der 1972 in Chile geborene Autor Pedro Carmona-Alvarez, der im Alter von zehn Jahren mit seinen Eltern nach Norwegen flüchtete, erhielt für dieses Buch den Publikumspreis der norwegischen Rundfunkhörer. Zu recht, wie mir scheint.
Es kann für Eltern wohl nichts Schlimmeres als den Tod ihrer Kinder geben. Der Amerikaner Johnny und die Norwegerin Kari lernen sich Anfang der 1960er Jahre in New York kennen und lieben. Bald werden sie Eltern von zwei Töchtern, ihr Glück ist vollkommen. Doch es währt nicht lange – die beiden Mädchen kommen um. Die Eltern ziehen nach Oslo und hoffen, das Unglück überwinden zu können. Doch die Last ist zu drückend, das einst enge Band zerreißt.

Der literarische Wert liegt in der Art des Erzählens
Die 1969 geborene Tochter Marita erfährt nach und nach vom Tod ihrer beiden Schwestern, die sie nicht gekannt hat. Kari wird alkoholkrank, Johnny, der in Oslo nicht richtig hat Fuß fassen können, reist in die USA zurück – all das wird schon am Anfang des Romans in Umrissen klar.
Diese dürre Wiedergabe des Inhalts sagt nichts über den literarischen Wert. Der liegt in der Art des Erzählens. Da sind einmal die verschiedenen Erzählerstimmen und dann vor allem das sprachliche Gewand. Man hält immer wieder inne und freut sich über geglückte Formulierungen wie etwa folgende: »Er sagte, dass er sie mehr liebe als alles andere, aber Mama hörte nur seine Angst, diesen silbernen Rand um seine Wörter« oder: »›Glück ist wie Wasser in den Händen.‹ ›Wie Wasser?‹ ›Ja, wie Wasser. Du drehst den Hahn auf, machst mit den Händen eine kleine Schale und lässt Wasser hineinlaufen. So ist das Glück. Wie Wasser zwischen den Fingern. Man muss es festhalten. Aber das geht natürlich nicht. Das ist unmöglich.‹«
Ein tieftrauriges, einsichtsvolles Buch. Aber: »Wer keine Neigung zur Traurigkeit hat, der ist für die Literatur verloren.« (Peter Bichsel)

 

Heiko Uecker: »Das Glück ist vollkommen, so scheint es … Pedro Carmona-Alvarez über Biografien, zerrissen zwischen New York und Oslo«. In: dialog, H. 44 (Juni 2014), S. 77

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